Wissenswertes rund um die Grüne Soße

Kulturgut Grie Soß

Die „Grie Soß“, wie sie im Dialekt heißt, wird seit Generationen im Frankfurter Stadtteil Oberrad angebaut. Die Künstlerin Olga Schulz hat der Grünen Soße im Jahr 2007 ein eigenes Denkmal gesetzt. Auf den Feldern am Ortsrand von Oberrad stehen seitdem sieben Gewächshäuser, die die sieben Kräuter symbolisieren: Schnittlauch, Borretsch, Pimpinelle, Kerbel, Sauerampfer, Petersilie und Kresse. Die Wände der Gewächshäuser aus Polycarbonat sind im Farbton des jeweiligen Krauts gefärbt und in der Dämmerung leuchten die Gewächshäuser wie Smaragde. Eine Huldigung an das Frankfurter Traditionsgericht und den innerstädtischen Gemüse- und Kräuteranbau in Oberrad.

Seit 2016 trägt die Frankfurter Grüne Soße das europäische Gütesiegel „geschützte geografische Angabe“. Dieser Erfolg ist dem “Verein zum Schutz der Frankfurter Grünen Soße” zu verdanken, in dem 16 Gärtnerbetriebe zusammengeschlossen sind. Im Jahr 2011 hat der Verein bei der EU den Schutz der Ursprungsbezeichnung beantragt.

„Frankfurter Grüne Soße – sieben Kräuter müssen’ s sein“
Das Frankfurter Umweltamt würdigt das Kulturgut Grüne Soße mit einer reich illustrierten Broschüre. Darin enthalten sind Rezepte, umfangreiche Informationen über die sieben Kräuter, das Gärtnern in Oberrad sowie das Grüne-Soße-Denkmal. Die Broschüre gibt es kostenlos beim Umweltamt der Stadt Frankfurt am Main.

 

Nicht nur wird Grüne Soße in Frankfurt gern als Goethes Lieblingsgericht angepriesen, auf manch einer Kräutertüte ist die bevorzugte Zubereitung von Goethes Mutter sogar als Rezept abgedruckt. Dass könnte allerdings mehr PR-Legende als historisch korrekt sein. Die Journalistin Barbara Goerlich schreibt dazu:

Alles Legende. Legende, dass die Grüne Soße Goethes Leibspeise gewesen sei. Legende auch, dass sie gar ein Rezept der Frau Aja, Goethes Mutter, gewesen sei. So sollen alle Variationen des Frankfurter Nationalgerichts auf Frau Ajas Kochbuch zurückgehen. Auch das Legende, denn sie hatte gar kein Kochbuch, sondern benutzte und zitierte in ihren Briefen das Lindheimer’sche Kochbuch ihrer Großmutter.

Nix also war’s mit Goethe und der Grünen Soße. Er hat sie höchstwahrscheinlich gar nicht gekannt, geschweige denn jemals gegessen und zur Leibspeise erkoren. Goethe, der warmen Krautsalat mit Speck, Schwartenmagen, Teltower Rübchen, Wild und Artischocken schätzte, hat oft und viel übers Essen geschrieben. Hätte er da die Grüne Soße nicht ebenfalls erwähnt?

Das fände Doris Hopp nur logisch. Die Chefin der Bibliothek des Freien Deutschen Hochstifts-Goethemuseum Frankfurt beschäftigt sich seit über drei Jahrzehnten mit Goethe; ein Gutteil davon mit seinen Essgewohnheiten. Denn die gleichen Fragen häufen sich jedes Frühjahr, sobald die Saison für frische grüne Soße-Kräuter beginnt, und die appetitlich in weißes Papier gehüllten Kräuterpäckchen auf Frankfurter Marktständen feilgeboten werden. Auf jeder Packung ist das Rezept für “Echte Frankfurter Grüne Soße – Goethes Leibgericht” abgedruckt.

“Frei erfunden”, glaubt man den Goethe-Kennern Walter Michel und Herbert Heckmann. Sie vermuten, die Grüne Soße sei in Frankfurt überhaupt erst nach 1850 bekannt gewesen. Also lange nach Goethe, und noch länger nach seiner Mutter. Trotzdem hält der Streit um die Grie Soß’ die Geburtsstadt des Dichterfürsten seit Jahren in Atem.

Denn die Spielverderber vom Goethemuseum finden in der Goethe-Stadt wenig Gehör. So bleibt Doris Hopp nur der Trost an alle, die gern nach Goethes Gusto schmausen würden: Hätte er die Grie Soß’ gekannt, hätte er sie sicher geliebt. Denn frisches Gemüse war Goethe bekanntlich ja in vielerlei Gestalt lieb … . (Barbara Görlich)

 

Wer jetzt Lust auf Grüne Soße bekommen hat und nicht bis zum Festival warten möchte, kann die Grie Soß auch einfach selbst zubereiten. Zu allen Rezepten passen Kartoffeln und hartgekochte Eier. Unser Geheimtipp zum Kräuter Hacken: leicht getrocknet mit Wiegemesser oder Fleischwolf. Im Mixer nur gut getrocknet mit sehr scharfer Klinge!

Beliebtes Festival-Rezept
1 Packet Frankfurter Grüne Soße, 4 EL Quark 40%, 3 EL Schmand, 2 EL Crème fraîche, 1 TL Salz, 1 TL Zucker, 1 Prise Pfeffer, ½ Zitrone, 1 TL Senf
Kräuter fein hacken, alles mischen, umrühren, abschmecken, fertig!

Mit Kräutervariation nach Frau Aja, Goethes Mutter
1 EL Butter, 1-2 EL Mehl, ¼ Liter heiße Milch, Salz, Pfeffer und Muskat, Saft von ½ Zitrone

6 EL gehackte Kräuter, es sollten 7 verschiedene Sorten sein (je nach Saison Petersilie, Schnittlauch, Dill, Basilikum, Zitronenmelisse, Liebstöckel, Estragon, Kerbel, Salbei, Kresse)
Butter in einem Topf schmelzen lassen, Mehl einstäuben und goldgelb anschwitzen. Nach und nach unter ständigem Rühren mit heißer Milch auffüllen. 10 Minuten köcheln lassen. Kräuter untermischen und Soße mit Gewürzen und Zitronensaft abschmecken.

Frisch und international mit Avocado
1 Paket Frankfurter Grüne Soße (oder jeweils 25g Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer, Schnittlauch),
¼ Liter Sauerrahm (10%), ¼ Liter Sahne, ½ reife Avocado, 3-4 EL kaltgepresstes Öl ohne starken Eigengeschmack (z.B. Raps), Meersalz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer, 3 EL Zitrone oder Limone (etwas sanfter im Geschmack)

Sauerrahm mit Sahne und Zitrone oder Limone verrühren. Mit Meersalz und schwarzem Pfeffer leicht abschmecken. Die Hälfte der Petersilie mit Avocado und ein paar Löffeln des Rahms pürieren. Mit dem Rest des angerührten Rahms mischen.
Die Kräuter waschen, die groben Stiele entfernen und leicht abgetrocknet zerkleinern. Die Kräuter unterrühren und mit Meersalz, schwarzem Pfeffer und 1 EL Öl abschmecken.

Grie Soß gibts heut zum Middaachesse
mit siwwe Kräuder, all aus Hesse.
Borretsch, Schniddlauch sinn debei
Pimbinell kimmt aach enei,
eweso e Porzjon Kresse.
Saueramfer net vergesse!
Dann noch Kerwel, Pedersillje:
E Festmahl fer die ganz Famillje.

Gebraucht wern fer drei, vier Persone
dreihunnert Gramm, dann duht sischs lohne.
Des Griezeusch is ja net so deier.
Als neeschsdes, hadd gekocht, zwaa Eier,
en Leffel Eel, en Leffel Essisch
– so schbrischt mer des korreggt uff hessisch –
zwaa Zwiwwele muss mer dann scheele,
die derfe in der Soß net fehle,
e bissi Jogurt, sauer Sahne
sieße Sahne brauch mer kaane,
zum Schluss noch Zugger, Peffer, Salz.

Des reischt. Mehr brauch mer keinesfalls.
Jetz Kräuder, Zwiwwel, feigehackt,
in e groß Schissel neigepackt,
un Salz un Peffer druffgeschdreut.
Dann lesst mer – nur Geduld, ihr Leut! –
des ganze Zeusch mitsamt de Brieh
e Schdundlang odder zwaa dorschzieh.

Die Eier hackt mer dann schee klaa
un gibt se schbeder aach noch draa.
E bissi Salz un Zugger noch dezu?
Je nach Geschmack. Un dann is Ruh.
Mein Abbedidd is RIESEGROSS:
Jetz gibts Gequellde mit Grie Soß.

Hans W. Wolff

Im Juli 2020 wurde der Verein Grie Soß United e.V. gegründet. Das erste große Projekt war die Aktion „Kräuter für Künstler“ um in der Corona-Zeit Spenden für von der Krise betroffene Künstler:innen und Organisationen zu sammeln. In den Folgejahren hat der Verein die Grüne Soße Festspiele organisiert. 

www.grie-soss-united.de
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